BERUFSHAFTPFLICHT

Ärzte in Weiterbildung haften nach Facharztstandard

AUTOR – PATRICK WEIDINGER
LESEZEIT - 5 MIN

Ärzte in Weiter­bildung müssen Patienten genauso kompetent behandeln wie Fach­ärzte. Und sich im Zweifels­fall Hilfe bei erfahrenen Kollegen holen. Für Fehler haften nicht nur sie, sondern gegebenen­falls auch der Aufsicht führende Arzt.


1. Keine reduzierte Haftung für Ärzte in Weiterbildung

Ein Patient hat immer einen Anspruch auf eine Behandlung nach Facharztstandard. Der Status des Behandelnden spielt insoweit keine Rolle. Auch der Arzt in Weiterbildung hat nach Facharztstandard zu behandeln. Ein Patient wird das nicht nur aus rechtlichen Gründen erwarten. Der Arzt in Weiterbildung ist approbierter Arzt und tritt dem Patienten gegenüber auch als solcher auf. Deshalb hat der 113. Deutsche Ärztetag auch mit Erfolg darauf gedrungen, Ärzte in Weiterbildung nicht mehr Assistenzärzte zu nennen.

Facharztstandard einhalten: Bei Unsicherheiten nachfragen

Um den Facharztstandard sicherzustellen, muss der Arzt in Weiterbildung bei Unsicherheiten nachfragen oder um Anleitung bitten oder die Übernahme einer Aufgabe ablehnen.
 
In einem Schadenfall, in dem eine Lymphknotenextirpation durch einen Arzt in Weiterbildung zu einer dauerhaften Accessoriusparese geführt hatte, versuchte sich der Operateur dadurch zu entschuldigen, dass er nicht den Mut hatte, seine Unerfahrenheit offenzulegen. Diese Entschuldigung hat das Gericht nicht akzeptiert; es verurteilte ihn wegen Übernahmeverschulden neben dem Aufsicht führenden Arzt und dem Krankenhausträger.

Im Schadenfall haftet nicht nur der Arzt in Weiterbildung

Aus Sicht des Patientenanwaltes war es sinnvoll, alle Beteiligten in Anspruch zu nehmen. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, die Zahl möglicher Zeugen auf der Behandlungsseite zu reduzieren: Wer Partei nimmt, also Beklagter ist, kann nicht Zeuge sein. Mit der Haftung von Ärzten in Weiterbildung ist oft auch die Haftung desjenigen verbunden, der die Weiterbildung verantwortet. Dann wird oft geprüft, inwieweit dieser seiner Verantwortung durch Maßnahmen wie persönliche Ansprache, Anleitung, Anweisungen und Beaufsichtigung nachgekommen ist.

2. Patientenaufklärung durch den Arzt in Weiterbildung

In Zeiten knapper Ressourcen werden Ärzte in Weiterbildung vermehrt auch in der Patientenaufklärung eingesetzt. Dies kann im Einzelfall kritisch sein. Den rechtlichen Rahmen gibt das Bürgerliche Gesetzbuch vor: Nach § 630e Abs. 2 Ziff. 1 BGB muss die Aufklärung durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung auch dann, wenn der Aufklärende noch nicht die praktische Erfahrung aufweist, welche die eigenständige Durchführung der Maßnahme erlaubt (BT-Drs. 17/10488, S. 24; BT-Drs. 17/11720, S. 28).



Autor Patrick Weidinger ist Rechtsanwalt der Deutschen Ärzteversicherung, Dozent der Deutschen Anwaltakademie und der Deutschen Versicherungsakademie sowie Lehrbeauftragter der Europäischen Fachhochschule.

Patientenaufklärung: Facharztstandard muss gewährleistet sein

Der Arzt in Weiterbildung muss also für das Aufklärungsgespräch fachliche Detailkenntnisse haben. Er hat dem Patienten ja nicht nur Vorgehensweise und Komplikationen zu erläutern, sondern auch Fragen kompetent zu beantworten. Ein fehlender Facharztstatus rechtfertigt keine Defizite. Bei Aufklärungsdefiziten ist eine Mithaftung des Aufsicht führenden Arztes/ Chefarztes zumindest nicht unwahrscheinlich. Er hat für jeden Einzelfall eine sachgerechte Aufklärung sicherzustellen.
 
Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall entschieden, in welchem der Chefarzt die Aufklärung an einen Stationsarzt delegiert hatte. Nach einer Divertikeloperation am Zwölffingerdarm war es durch Nahtinsuffizienz zu einer Bauchfell- und Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen (BGH VI ZR 206/05), über welche nicht aufgeklärt worden war.

3. Betriebshaftpflichtversicherung und Arbeitgeberregress

In der Regel ist im Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag eines Krankenhauses das Haftpflichtrisiko des Klinikpersonals aus dienstlicher Tätigkeit gedeckt („mitversicherte Personen“). Besteht über die Betriebshaftpflichtversicherung kein oder im Falle vertraglicher Selbstbehalte kein vollständiger Versicherungsschutz, kann es zu einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen. Dann kann es durchaus sein, dass ein Krankenhausträger den Arzt in Weiterbildung – und/oder den Aufsicht führenden Arzt – für Schadenaufwendungen in Regress nimmt.

Risiko der Regressforderung durch den Arbeitgeber

Ob ein solcher Regress für den Arbeitgeber erfolgreich ist, richtet sich nach den Regeln des Arbeitsrechts, nach denen der Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber für von ihm bei betrieblicher Tätigkeit verursachte Schäden unter bestimmten Umständen freizustellen ist: bei leichter Fahrlässigkeit ganz, bei mittlerer Fahrlässigkeit teilweise und bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit überhaupt nicht – es sei denn, dass dann eine ungerechte Risikoverteilung vorliegt, zum Beispiel, weil der Arbeitgeber das Schadenrisiko selbst erhöht hat. Im Einzelfall sind mögliche Besonderheiten zu prüfen, zum Beispiel, ob tarifvertraglich der Regress des Arbeitgebers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist.

4. Haftpflichtversicherung für angestellte Ärzte

Angestellte Ärzte müssen sich also selbst versichern, wenn keine Betriebshaftpflichtversicherung für das Krankenhaus besteht oder wenn diese einen Selbstbehalt enthält. In der Versicherungspolice des Hauses kann es zum Beispiel heißen: „Bis zu einer Höhe von 100.000 Euro übernimmt der Krankenhausträger die Schadenaufwendungen selbst.“ Bis zu dieser Höhe ist dann ein Regress des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer möglich.

Restrisikoversicherung sichert umfänglich Haftungsfälle ab

Unabhängig hiervon ist immer Versicherungsbedarf zu prüfen für außerdienstliche Tätigkeiten wie Beratungen im Freundes- und Bekanntenkreis sowie für Strafverfahren. Die sogenannte Restrisikoversicherung gehört nämlich ebenso wenig nicht zum regelmäßigen Deckungsumfang der Betriebshaftpflichtversicherungen von Krankenhäusern wie der Strafrechtschutz.

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„Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.“ So schreibt es die (Muster-)Berufsordnung Ärzte vor. Das bedeutet, dass die Arzthaftpflichtversicherung der aktuellen beruflichen Tätigkeit entsprechen muss. Gern prüft Ihr Berater der Deutschen Ärzte Finanz Ihren Arzthaftpflichtschutz für Sie. Unten bieten wir Ihnen mehrere Möglichkeiten, mit uns in Kontakt zu treten.

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