Ärztliche Fürsorgepflicht - was dabei zu beachten ist
4 wichtige Urteile zur ärztlichen Fürsorgepflicht die jeder kennen sollte
„Primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare“ – „Erstens nicht schaden, zweitens vorsichtig sein, drittens heilen“ – so beschrieb Scribonius Largus den ärztlichen Kodex. „Cavere“ betrifft nicht nur die Behandlung, sondern auch allgemeine Fürsorgepflichten. Hier entscheiden Gerichte oft zugunsten der Patienten.
Sturzgefahr bei stationären Patienten: Maßnahmen sind Pflicht
Der Bundesgerichtshof betont, dass bei stationär aufgenommenen Patienten notwendige und zumutbare Vorkehrungen getroffen werden müssen, um hohe Sturzrisiken zu minimieren. Ein tragischer Fall verdeutlicht die Konsequenzen: Eine Patientin stürzte beim Mittagessen von der Bettkante, erlitt eine Fraktur, und infolgedessen musste ihr linkes Bein amputiert werden.
(BGHZ Urteil vom 14.11.2023, Az.: VI ZR 244/21)
Weglauftendenz: Sicherung kann geboten sein
Die Obhutspflichten gelten während des gesamten stationären Aufenthalts. Bei Patienten mit Hin- und Weglauftendenzen – etwa bei Demenz – können Sicherungsmaßnahmen wie Fenstersicherungen notwendig sein, um Gefahren vorzubeugen. Dies wird insbesondere bei erkennbarer Gefahr der Selbstschädigung betont.
(OLG Hamm, Urteil vom 17.01.2017, Az.: 26 U 30/16; BGH, Urteil vom 14.01.2021, Az.: III ZR 168/19)
Haftungsfragen: Vorsicht bei Diagnose und Behandlung
Patientinnen und Patienten können von der Haftung für eigene Fehler freigestellt sein, wenn ein ärztliches Mitverschulden vorliegt. Ein Beispiel: Eine Patientin hatte eine metallische Beinorthese nicht angegeben, was zur Notabschaltung eines MRTs führte und Reparaturkosten in Höhe von 60.000 Euro verursachte. Das Gericht entschied, dass die Patientin nicht haften muss, da die Orthese für medizinisches Personal erkennbar war und die Patientin keinen Zusammenhang zwischen der Beinorthese und der Nackenuntersuchung vermuten konnte.
(OLG Nürnberg, Urteil vom 15.02.2023, Az.: 4 U 20/22)
Patientenaufklärung: Internetrecherche ersetzt kein Aufklärungsgespräch
Auch wenn Patienten angeben, sich bereits im Internet informiert zu haben, darf der Arzt oder die Ärztin eine gebotene schonungslose Aufklärung und Dokumentation nicht unterlassen. Nach einer Nukleusaugmentation der Bandscheibe waren bei einem Patienten erhebliche Beschwerden verblieben. Dieser machte daraufhin mit Erfolg Schadenersatz geltend, weil er über die Risiken der sich noch im experimentellen Stadium befindenden Methode nicht ausreichend aufgeklärt worden war.
(LG Dortmund, Urteil vom 17.08.2023, Az.: 12 O 416/20)
Fazit
Patientenangaben müssen validiert und Gefährdungen konsequent ausgeschlossen werden. Die ärztliche Fürsorgepflicht ist anspruchsvoll und erfordert sorgfältiges Handeln in allen Bereichen – von der Behandlung über die umfassende Aufklärung bis zur Absicherung gegen Risiken.
Vier runde Abbildungen: Karolina Sophie Skalski, Titelbild: Christoph Schäfer. Jeweils erzeugt mit künstlicher Intelligenz
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