Resilienz meint die psychische Widerstandskraft und damit die Fähigkeit, Probleme und Krisen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu bewältigen und mit Stress, Niederlagen und Rückschlägen in guter Weise umzugehen.
Resilienz macht uns stark gegenüber den Widrigkeiten des Lebens. Es ist wichtig, individuelle Strategien zu entwickeln, die helfen, mit den Anforderungen des Alltags umzugehen. Jemand, der resilient ist, lebt in der Haltung: „Was auch immer auf mich zukommt, ich kann damit umgehen und eine Lösung finden. Ich selbst kann etwas tun, um die Krise, das Problem, die Niederlage oder den Fehlschlag zu bewältigen. Ich besitze alles, was ich brauche, um mein Leben zu gestalten und nicht Opfer der Umstände zu sein.“ Das Schöne ist: Resilienz kann man lernen und trainieren. In jedem Alter: Ich kann etwas tun, um das „Immunsystem meiner Seele“ zu stärken, damit ich Krisen besser bewältigen kann. Wir können tagtäglich an unserer Resilienz arbeiten.
Wir sind tagtäglich Herausforderungen und großem Druck ausgesetzt – dadurch können wir uns schnell regelrecht zusammengepresst und atemlos fühlen. Ich vergleiche das gern mit einem Antistressball: Wenn ich den zusammendrücke, dann verformt er sich. Der Ball hat die Eigenschaft der Resilienz: Das bedeutet, dass er wieder zurückspringt, wenn man ihn loslässt.
Ein nicht resilienter Mensch würde durch das andauernde Zusammenpressen verformt bleiben. Ein resilienter Mensch dagegen hat die Fähigkeit, wieder „zurückzuspringen“, sich also wieder zu erholen und wieder vollen Zugang zu den eigenen Kraftressourcen zu bekommen.
Wenn ich weiß, was ich im Alltag konkret für mich tun kann, um schnell wieder „zurückspringen“ zu können, kann ich wieder in meine Kraft kommen.
Ärztinnen und Ärzte sind Führungskräfte und tragen eine hohe Verantwortung, das gilt für angestellte Medizinerinnen und Mediziner genauso wie für solche, die niedergelassen arbeiten. Sie tragen immer ein Höchstmaß an Verantwortung für die Patientinnen und Patienten, für das Team, in und mit dem sie arbeiten, und sie müssen zudem unternehmerisch denken. Dazu kommen oftmals noch unregelmäßige Arbeitszeiten und der Druck durch die immer stetig wachsenden Vorgaben und Dokumentationspflichten. Medizinerinnen und Mediziner, die es in der Regel gewohnt sind, eigenständig zu entscheiden und die Richtung vorzugeben, leiden darunter oft besonders. Entscheidend ist, wie die oder der Einzelne mit den Bedingungen umgeht beziehungsweise aufgrund der eigenen Persönlichkeit damit umgehen kann.
Es gibt nicht das eine Rezept, das dazu führt, dass man psychische Stärke entwickelt. Die besten Chancen hat man mit einem Mix aus verschiedenen Ansätzen. Wir können unsere Resilienz stärken – sowohl im Vorfeld wie auch im Krisenfall –, wenn wir uns jene Faktoren bewusst machen, die resiliente Menschen auszeichnet. Ein Faktor ist beispielsweise die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme. Resilient bin ich dann, wenn ich nicht dabei stehen bleibe, mich als Opfer der Umstände zu sehen, sondern wenn ich auch in schwierigen Situationen eine aktive, gestaltende Rolle einnehme und Verantwortung für mich und mein Denken, Fühlen und Handeln übernehme. Psychische Stärke wird also unter anderem dadurch entwickelt, wenn ich mich darin übe, nicht in der Opferrolle zu bleiben. Und Verantwortungsübernahme ist nur eine der sieben Faktoren, die resiliente Menschen ausmacht.
Veränderungen beginnen immer im Kopf – und damit ist gemeint: Der erste Schritt ist Selbstbeobachtung und Reflexion dessen, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und welche Bedeutung wir den Sachverhalten jeweils geben. Wenn wir uns anders verhalten möchten oder wenn wir anders mit etwas oder mit jemandem umgehen möchten, müssen wir anfangen, im ersten Schritt unsere Muster auf kognitiver Ebene zu erkennen – das bedeutet, zu beobachten, anhand welcher inneren Überzeugungen oder Glaubenssätze wir unser Verhalten steuern. Wenn mein kognitives Muster zum Beispiel ist, vor einem herausfordernden Mitarbeitergespräch bewusst oder unbewusst zu denken: „Ach, ich werde wahrscheinlich sowieso nichts bewirken können.“, dann ist das ein Anzeichen von geringer Selbstwirksamkeitserwartung.
Selbstwirksamkeit ist eine Säule der Resilienz, sprich: Möchte ich Resilienz entwickeln, muss ich meine inneren Glaubenssätze bezüglich meiner Selbstwirksamkeit reflektieren und gegebenenfalls an ihnen arbeiten, sie also „umschreiben“. Wenn man Resilienz entwickeln möchte, geht es um die Reflexion der kognitiven Muster in jeder dieser sieben Säulen.
Möchte man die eigene Wirksamkeit stärken, als eine der Möglichkeiten an der eigenen Resilienz zu arbeiten, gibt es beispielsweise folgende bewährte Praxisübung: Probieren Sie doch einmal, für eine Woche eine Art Tagebuch zu führen, in das Sie jeden Tag genau eine Sache notieren, in der Sie wirksam geworden sind. Also eine Sache, die Sie im Laufe des Tages aktiv angegangen sind und in der Sie eine Wirkung erzielen konnten. Sie werden erstaunt sein, wie allein die Fokussierung auf die eigene tagtägliche Selbstwirksamkeit diese vielfach positiv unterstützt.