Ein Blick in die Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern zeigt: Von allen erhobenen Behandlungsfehlervorwürfen im Jahr 2019 richtete sich rund ein Viertel an niedergelassene Ärzte. Das Risiko, für Behandlungsfehler in der eigenen Praxis haftbar gemacht zu werden, ist damit nicht gering!
* Quelle: Bundesärztekammer, statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen 2019
Niedergelassene Ärzte schulden ihren Patienten nicht nur eine fachgerechte Behandlung nach aktuellem medizinischem Standard, sie tragen in ihrer Praxis auch die sogenannte „Verkehrssicherungspflicht." Diese allgemeine Rechtspflicht besagt: Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss entsprechende Vorkehrungen zum Schutz anderer treffen. Indem ein Arzt seine Praxis für den Publikumsverkehr öffnet, ist er auch dafür verantwortlich, dass seine Patienten sich darin sicher bewegen können und keinen unerwarteten Gefahren ausgesetzt sind.
In der Praxis sind Verkehrssicherungspflichten oftmals tückisch, denn neben „Klassikern“ wie dem frisch gewischten Fußboden oder dem gewellten Teppich als Stolperfalle gibt es viele Gefahrenquellen, die in der Hektik des Behandlungsalltags übersehen werden. Das kann z. B. der Hocker im Behandlungsraum sein, dessen Rollen nicht festgestellt sind und der beim Aufstehen wegrutscht, oder die Untersuchungsliege, deren Traglast nicht ausreichend geprüft wurde und die unter dem schwergewichtigen Patienten zusammenbricht.
In jedem Fall gilt: Verletzt ein Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt seine Verkehrssicherungspflicht, kann das je nach Schaden schnell existenzgefährdend werden, denn die Schadensersatzansprüche des Geschädigten sind nach § 823 BGB in der Höhe nicht begrenzt.
Ein reibungsloser Praxisbetrieb beruht auf funktionierender Arbeitsteilung. Folgenschwere Schäden werden daher nicht zwangsläufig vom Arzt verursacht, sondern können auch auf Fehler der Mitarbeiter zurückgehen. Wie sieht es in diesem Fall mit der Haftung aus?
Grundsätzlich können Angestellte die Praxis auf zwei Arten schädigen: durch Fehler zum Nachteil des Patienten und durch Fehler zum Nachteil der Praxis.
Kommt ein Patient zu Schaden, geht es in den meisten Fällen um Behandlungsfehler. Diese haben rechtlich betrachtet zwei Seiten: Einerseits stellen sie eine Verletzung des Behandlungsvertrags dar, andererseits sind sie ein Delikt, also eine unerlaubte Handlung. Da die Mitarbeiter (z. B. die MFA, die Blut abnimmt, oder die ZFA, die die professionelle Zahnreinigung durchführt) nicht selbst einen Vertrag eingehen, sondern nur als Erfüllungsgehilfen des Arztes auftreten, können sie auch nicht wegen Verletzung des Behandlungsvertrags haftbar gemacht werden. Möglich ist jedoch eine Haftung aus Delikt.
Fehler der Mitarbeiter können auch die Praxis selbst schädigen, z. B. wenn ein hochwertiges Gerät beschädigt wird, der Praxis-Pkw zu Schrott gefahren wird oder es zu teuren Fehlern bei der Abrechnung kommt. Immense Risiken für die Praxis entstehen auch durch die immer strengeren Anforderungen an den Umgang mit Patientendaten. Anders als bei einem Behandlungsfehler kann der Praxisinhaber seine Mitarbeiter in allen diesen Fällen für den entstandenen Schaden in Anspruch nehmen.
Auch wenn ein Fehler unmittelbar einem Mitarbeiter zugeordnet werden kann, muss dieser den Schaden nicht automatisch ersetzen. In vielen Fällen kann sich ein Angestellter auf den innerbetrieblichen Freistellungsanspruch berufen. Dieser dient dem Schutz des Arbeitnehmers und basiert auf dem Gedanken, dass dieser durch die Tätigkeit für seinen Arbeitgeber überhaupt erst Gefahr läuft, einen Fehler zu verursachen. Ob und inwieweit der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit von der Haftung freistellen muss, richtet sich nach der Schwere dessen Verschuldens.
Fazit: Die Berufshaftpflicht für niedergelassene Ärzte muss daher immer auch einen umfassenden Schutz für Schäden, die das Praxispersonal verursacht, enthalten.
Die meisten Zahnärzte sind der Meinung, dass ihre Haftpflichtversicherung alle Folgen eines Behandlungsfehlers übernimmt. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, z. B. bei nicht mehr verwendbarem Zahnersatz. Wenn das Beißen mit der neuen Brücke nicht funktioniert, das Implantat schmerzt oder die Krone schief sitzt, kann der Patient eine „Nacherfüllung“ verlangen. Ein solcher „Erfüllungsschaden“ ist in der Regel jedoch nicht in der Berufshaftpflichtversicherung enthalten.
Der Grund dafür: Anders als bei der unmittelbaren Behandlung am Patienten schuldet der Zahnarzt diesem hier nicht nur eine dem Standard entsprechende Behandlung, sondern ein konkretes Ergebnis. Wird dieses nicht erbracht, betrachten die Haftpflichtversicherer das nicht als Schaden, sondern als unternehmerisches Risiko des Zahnarztes. Dieser bleibt dann auf den Kosten für die eigene oder die Nachbesserung durch Dritte sitzen.
Tipp: Versicherungsexperten informieren, inwieweit sich diese Lücke im Versicherungsschutz schließen lässt!
Einige Berufsbereiche in der Medizin haben spezielle Anforderungen und unterliegen besonderen Regeln, die über die hier dargestellten Informationen hinausgehen. Das betrifft vor allem Tierärzte. Die Deutsche Ärzte Finanz verfügt auch hier über eine breite Expertise und berät auf Wunsch weitergehend.
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