ALLE RECHTE & RISIKEN AUF EINEN BLICK

So haften Ärzte in Anstellung

 
Die Arbeit im Angestellten­verhältnis wird für Mediziner immer attraktiver. Es ermöglicht flexiblere Arbeitszeitmodelle, entbindet von unternehmerischem Risiko und dem oftmals als lästig empfundenen administrativen Aufwand. Und auch beim Thema Haftung gehen viele Ärzte in Anstellung ganz selbstverständlich davon aus, dass sie unter dem sicheren Schirm ihres Arbeitgebers stehen. Doch diese Sicherheit ist trügerisch!

Unterläuft einem Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt in Anstellung ein Behandlungs­fehler, haftet er grundsätzlich persönlich. Ob er dann auch tatsächlich mit seinem Privat­vermögen für den entstandenen Schaden eintreten muss, hängt ent­scheidend vom Versicherungs­schutz des Arbeit­gebers ab. Und der kann selbst entscheiden, welchen Umfang er für aus­reichend erachtet. Vor allem Kranken­haus­träger sparen in Zeiten wachsenden Kosten­drucks oft am Versicherungs­schutz oder deckeln ihn durch vertragliche Selbst­behalte und stellen ihre Mit­arbeiter so vor höhere Haftungs­risiken.
 
Heraus­zu­finden, wie der Versicherungs­schutz des Arbeit­gebers im Einzelnen aussieht, ist für Arbeit­nehmer nicht immer einfach und erfordert aufwendige Recherchen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Konditionen der Haft­pflicht­versicherung des Arbeit­gebers vom Experten prüfen lassen und Lücken schnellstmöglich schließen!
 
 

Verteilung der Behandlungsfehlervorwürfe auf Behandlungsorte 2019: Hier ist das Risiko für angestellte Ärzte besonders hoch

       

Was der Arbeitgeber leistet – und was nicht

Grundsätzlich ist bei Haftungsfragen zwischen dem Außen- und dem Innenverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden. Gegenüber dem Patienten oder dem Tierbesitzer tritt immer der Arbeitgeber als Vertragspartner auf. Der Arbeitnehmer ist hier lediglich Erfüllungsgehilfe für die vertraglichen Verpflichtungen seines Arbeitgebers. Verstöße des Angestellten werden daher dem Arbeitgeber zugerechnet. Der Arbeitnehmer kann allerdings im Falle der sogenannten „deliktischen Haftung" (d. h. die Haftung infolge einer „unerlaubten Handlung“) oder bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten auch direkt betroffen sein.

     
Anders sieht es im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Hier kann sich der Arbeitnehmer in vielen Fällen auf den arbeitsrechtlichen innerbetrieblichen Frei­stellungs­anspruch berufen. Ob und inwieweit der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit von der Haftung freistellen muss, richtet sich nach der Schwere von dessen Verschulden.

Haftungsfreistellung nach dem Drei-Stufen-Modell

Wird dieser „innerbetriebliche Schadensausgleich“ angewendet, kommt ein Drei-Stufen-Modell zum Einsatz:

 
 
Leichte bis einfache Fahrlässigkeit:

Der Arbeitnehmer haftet gar nicht.

 
 
Normale bzw. mittlere Fahr­lässigkeit:

Der Schaden wird geteilt. Die Quotelung hängt dabei von der Abwägung der Gesamt­um­stän­de im Einzel­fall ab.

  
   
Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz:

Der Arbeitnehmer haftet voll.

Leichte Fahrlässigkeit liegt bei geringfügigen Pflichtwidrigkeiten vor, also bei Verstößen, die leicht ent­schuld­bar sind und jedem unterlaufen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt dagegen schwer­wiegende Pflichtverstöße voraus, die auch subjektiv unentschuldbar sind. Fälle mittlerer Fahrlässigkeit ordnen sich dazwischen ein. Tarifvertraglich kann der Regress des Arbeitgebers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein.

Darauf sollten Arbeitnehmer achten

Entscheidend für Ärzte, Zahn- oder Tierärzte ist es zu klären, wie umfassend sie über ihren Arbeit­geber abgesichert sind. Hat dieser z. B. in seiner Betriebshaftpflicht nur die leichte und mittlere Fahrlässigkeit versichert, kann er Patientenansprüche aus grober Fahrlässigkeit an den Arbeitnehmer weitergeben. Besteht dieses Regressrisiko, sollten Ärzte in Anstellung unbedingt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen! Die Verfahren der Arbeitsgerichte zeigen, dass sich solche Regressforderungen üblicherweise auf drei bis sechs Monatsgehälter belaufen – und damit für Arbeitnehmer ein erhebliches finanzielles Risiko darstellen.
 
Doch selbst wenn vollumfänglicher Versicherungsschutz über den Arbeitgeber gewährleistet ist, bleiben Risiken für den Arbeitnehmer bestehen – z. B. dann, wenn der Arbeitgeber insolvent wird oder die Versicherungsprämie nicht zahlt. Auch kann der Arbeitgeber die Anspruchsabwehr trotz eines bestehenden Anspruchs verweigern, etwa weil es zu persönlichen Differenzen zwischen ihm und dem Mitarbeiter kommt.

  
Einmal Arzt, immer Arzt: auch das ärztliche Restrisiko absichern!

Häufig vernachlässigen Mediziner auch Handlungen außerhalb des Dienstes: Wer ärztlich tätig ist, gibt das Haftungsrisiko nicht an der Praxis- oder Krankenhaustür ab! Daher empfiehlt es sich, auch das sogenannte „ärztliche Restrisiko" wie z. B. Erste-Hilfe-Leistungen, Notfallbehandlungen oder ärztliche Freundschaftsdienste im Familien- und Bekanntenkreis abzusichern. Dazu gehören auch geringfügige freiberufliche Tätigkeiten wie Gutachtertätigkeiten, KV-Notdienste und Notarztdienste sowie Tätigkeiten im Impfzentrum.
 
Bei der Bewertung all dieser höchst individuellen Risiko­faktoren helfen Experten. Sie können den bestehenden Versicherungsschutz zuverlässig bewerten, Versicherungslücken erkennen und den passenden Zusatzschutz empfehlen.

     

Praxis oder Krankenhaus: wo gilt was?

Ärzte in Anstellung arbeiten in ganz unterschiedlichen Konstellationen: im Krankenhaus, einer Arzt-, Zahnarzt- oder Tierarztpraxis oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Jede dieser Anstellungsformen schafft unterschiedliche Voraussetzungen für die Haftung. Daher ist es wichtig, die individuellen Voraussetzungen genau zu betrachten und den eigenen Versicherungsschutz so exakt wie möglich anzupassen. Dies sollte insbesondere bei Karriereschritten oder Stellen­wechseln beachtet werden!

  
Für Tätigkeiten im Krankenhaus gilt:

Neben dem Kranken­hausträger als Vertragspartner des Patienten haftet der handelnde Arzt immer auch persönlich für seine Fehler. Ob er dann mit seinem Privat­vermögen eintreten muss, hängt davon ab, ob er persönlich oder über den Arbeit­geber haft­pflicht­versichert ist bzw. ob er sich auf einen arbeits­recht­lichen Frei­stellungs­anspruch berufen kann. Maßgeblich für dieses individuelle Haftungs­risiko sind u. a. der Umfang des Versicherungs­schutzes des Kranken­hausträgers oder konkrete tarifliche Regelungen.

Das sollten Ärzte klären:

  • Wie umfassend ist der Versicherungsschutz des Arbeitgebers?

  • Ist grobe Fahrlässigkeit mitversichert?

  • Wird auf den Regress bei möglicher Fahrlässigkeit verzichtet?

  • Besteht Versicherungsbedarf für Privatliquidationen?

  • Wie hat der Arbeitgeber die Risiken versicherungsseitig abgedeckt?

   
       
Wichtig: Für Ärzte in Weiterbildung gibt es keine reduzierte Haftung! Sie müssen Patienten genauso kompetent behandeln wie Fachärzte. Bei Unsicherheiten müssen sie sich Hilfe bei erfahrenen Kollegen holen oder aber die Übernahme einer Aufgabe im Zweifelsfall ablehnen. Kommt es zu einem Fehler, wird ein Arzt in Weiterbildung genauso haftbar gemacht wie ein Facharzt. Zusätzlich kann auch die Haftbarkeit des Aufsicht führenden Arztes geprüft werden.

   
Für Tätigkeiten in der Praxis oder im MVZ gilt:

Der Behandlungsvertrag mit dem Patienten kommt ausschließlich mit dem Praxisinhaber oder MVZ zustande. Diese haften damit für eventuelle Behandlungs- oder Aufklärungsfehler. Der angestellte Arzt haftet aber auch selbst für Schäden, wenn er diese pflichtwidrig und schuldhaft verursacht hat.

Das sollten Ärzte klären:

  • Enthält der Arbeitsvertrag Individualvereinbarungen zur Haftung?

  • Ist die persönliche gesetzliche Haftpflicht in der MVZ-Versicherung ausdrücklich eingeschlossen?

  • Besteht eine Regressgefahr?

  • Wie hat der Arbeitgeber die Risiken über eine Versicherung abgedeckt?

    

Hinweis

Einige Berufsbereiche in der Medizin haben spezielle Anforderungen und unterliegen besonderen Regeln, die über die hier dargestellten Informationen hinausgehen. Das betrifft z. B. Tierärzte oder Ärzte bei der Bundeswehr. Die Deutsche Ärzte Finanz verfügt auch hier über eine breite Expertise und berät auf Wunsch weitergehend.

Schnell-Check: 8 Fragen, die sich Ärzte in Anstellung stellen sollten

  • Inwieweit wird die persönliche Haftung vom Versicherungsschutz des Arbeitnehmers gedeckt?

  • Welche Versicherungssummen sieht der Vertrag vor?

  • Ist neben der einfachen auch die grobe Fahrlässigkeit mitversichert? Wird auch bei grober Fahrlässigkeit auf einen Regress verzichtet?

  • Ist neben der dienstlichen auch eine freiberufliche ambulante oder stationäre Tätigkeit versichert?

  • Sind ambulante Praxisvertretungen mitversichert?

  • Deckt die Versicherung außerdienstliche Tätigkeiten wie Notfallbehandlungen, Erste-Hilfe-Leistungen oder Freundschaftsdienste ab?

  • Besteht auch für Strafverfahren Versicherungsschutz?

  • Sieht der Arbeitsvertrag Sonderregelungen zur Haftung vor?

      
  
Die Fragen dienen der ersten Einschätzung des persönlichen Haftungsrisikos und möglicher Versicherungslücken. Im Zweifelsfall sollten immer schriftliche Bestätigungen des Arbeitgebers eingeholt und Experten hinzugezogen werden!
  

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