Grundsätzlich ist bei Haftungsfragen zwischen dem Außen- und dem Innenverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden. Gegenüber dem Patienten oder dem Tierbesitzer tritt immer der Arbeitgeber als Vertragspartner auf. Der Arbeitnehmer ist hier lediglich Erfüllungsgehilfe für die vertraglichen Verpflichtungen seines Arbeitgebers. Verstöße des Angestellten werden daher dem Arbeitgeber zugerechnet. Der Arbeitnehmer kann allerdings im Falle der sogenannten „deliktischen Haftung" (d. h. die Haftung infolge einer „unerlaubten Handlung“) oder bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten auch direkt betroffen sein.
Anders sieht es im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus. Hier kann sich der Arbeitnehmer in vielen Fällen auf den arbeitsrechtlichen innerbetrieblichen Freistellungsanspruch berufen. Ob und inwieweit der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit von der Haftung freistellen muss, richtet sich nach der Schwere von dessen Verschulden.
Wird dieser „innerbetriebliche Schadensausgleich“ angewendet, kommt ein Drei-Stufen-Modell zum Einsatz:
Leichte bis einfache Fahrlässigkeit:
Der Arbeitnehmer haftet gar nicht.
Normale bzw. mittlere Fahrlässigkeit:
Der Schaden wird geteilt. Die Quotelung hängt dabei von der Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall ab.
Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz:
Der Arbeitnehmer haftet voll.
Leichte Fahrlässigkeit liegt bei geringfügigen Pflichtwidrigkeiten vor, also bei Verstößen, die leicht entschuldbar sind und jedem unterlaufen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt dagegen schwerwiegende Pflichtverstöße voraus, die auch subjektiv unentschuldbar sind. Fälle mittlerer Fahrlässigkeit ordnen sich dazwischen ein. Tarifvertraglich kann der Regress des Arbeitgebers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein.
Entscheidend für Ärzte, Zahn- oder Tierärzte ist es zu klären, wie umfassend sie über ihren Arbeitgeber abgesichert sind. Hat dieser z. B. in seiner Betriebshaftpflicht nur die leichte und mittlere Fahrlässigkeit versichert, kann er Patientenansprüche aus grober Fahrlässigkeit an den Arbeitnehmer weitergeben. Besteht dieses Regressrisiko, sollten Ärzte in Anstellung unbedingt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen! Die Verfahren der Arbeitsgerichte zeigen, dass sich solche Regressforderungen üblicherweise auf drei bis sechs Monatsgehälter belaufen – und damit für Arbeitnehmer ein erhebliches finanzielles Risiko darstellen.
Doch selbst wenn vollumfänglicher Versicherungsschutz über den Arbeitgeber gewährleistet ist, bleiben Risiken für den Arbeitnehmer bestehen – z. B. dann, wenn der Arbeitgeber insolvent wird oder die Versicherungsprämie nicht zahlt. Auch kann der Arbeitgeber die Anspruchsabwehr trotz eines bestehenden Anspruchs verweigern, etwa weil es zu persönlichen Differenzen zwischen ihm und dem Mitarbeiter kommt.
Häufig vernachlässigen Mediziner auch Handlungen außerhalb des Dienstes: Wer ärztlich tätig ist, gibt das Haftungsrisiko nicht an der Praxis- oder Krankenhaustür ab! Daher empfiehlt es sich, auch das sogenannte „ärztliche Restrisiko" wie z. B. Erste-Hilfe-Leistungen, Notfallbehandlungen oder ärztliche Freundschaftsdienste im Familien- und Bekanntenkreis abzusichern. Dazu gehören auch geringfügige freiberufliche Tätigkeiten wie Gutachtertätigkeiten, KV-Notdienste und Notarztdienste sowie Tätigkeiten im Impfzentrum.
Bei der Bewertung all dieser höchst individuellen Risikofaktoren helfen Experten. Sie können den bestehenden Versicherungsschutz zuverlässig bewerten, Versicherungslücken erkennen und den passenden Zusatzschutz empfehlen.
Ärzte in Anstellung arbeiten in ganz unterschiedlichen Konstellationen: im Krankenhaus, einer Arzt-, Zahnarzt- oder Tierarztpraxis oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Jede dieser Anstellungsformen schafft unterschiedliche Voraussetzungen für die Haftung. Daher ist es wichtig, die individuellen Voraussetzungen genau zu betrachten und den eigenen Versicherungsschutz so exakt wie möglich anzupassen. Dies sollte insbesondere bei Karriereschritten oder Stellenwechseln beachtet werden!
Neben dem Krankenhausträger als Vertragspartner des Patienten haftet der handelnde Arzt immer auch persönlich für seine Fehler. Ob er dann mit seinem Privatvermögen eintreten muss, hängt davon ab, ob er persönlich oder über den Arbeitgeber haftpflichtversichert ist bzw. ob er sich auf einen arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruch berufen kann. Maßgeblich für dieses individuelle Haftungsrisiko sind u. a. der Umfang des Versicherungsschutzes des Krankenhausträgers oder konkrete tarifliche Regelungen.
Wichtig: Für Ärzte in Weiterbildung gibt es keine reduzierte Haftung! Sie müssen Patienten genauso kompetent behandeln wie Fachärzte. Bei Unsicherheiten müssen sie sich Hilfe bei erfahrenen Kollegen holen oder aber die Übernahme einer Aufgabe im Zweifelsfall ablehnen. Kommt es zu einem Fehler, wird ein Arzt in Weiterbildung genauso haftbar gemacht wie ein Facharzt. Zusätzlich kann auch die Haftbarkeit des Aufsicht führenden Arztes geprüft werden.
Der Behandlungsvertrag mit dem Patienten kommt ausschließlich mit dem Praxisinhaber oder MVZ zustande. Diese haften damit für eventuelle Behandlungs- oder Aufklärungsfehler. Der angestellte Arzt haftet aber auch selbst für Schäden, wenn er diese pflichtwidrig und schuldhaft verursacht hat.
Einige Berufsbereiche in der Medizin haben spezielle Anforderungen und unterliegen besonderen Regeln, die über die hier dargestellten Informationen hinausgehen. Das betrifft z. B. Tierärzte oder Ärzte bei der Bundeswehr. Die Deutsche Ärzte Finanz verfügt auch hier über eine breite Expertise und berät auf Wunsch weitergehend.
Die Fragen dienen der ersten Einschätzung des persönlichen Haftungsrisikos und möglicher Versicherungslücken. Im Zweifelsfall sollten immer schriftliche Bestätigungen des Arbeitgebers eingeholt und Experten hinzugezogen werden!
Nutzen Sie den bequemen Onlineweg! Wir leiten Ihre Anfrage direkt an den zuständigen Experten weiter. Alternativ können Sie auch einen Repräsentanten in Ihrer Nähe suchen oder Sie rufen uns an. Wir kümmern uns um Sie!